Main Echo 15.11.2023 - MaBe®

Main Echo 15.11.2023

Aus Müll et­was Neu­es ma­chen. Das nennt sich Up­cy­c­ling und liegt ge­ra­de im Trend. Die Fir­ma Ma­Be im Jo­han­nes­ber­ger Orts­teil Stein­bach macht dies seit fünf Jah­ren. Al­te Ein­weg­fla­schen ver­wan­delt die Fa­mi­lie Beu­cker zu Wind­lich­tern, Trink­glä­s­ern oder Vo­gel­trän­k­en.

Damit sind sie nicht alleine: Die Firma Reciclage in Alzenau fertigt Taschen und Etuis aus alten Werbebannern, in der Schlauchwerkstatt Alzenau entstehen derartige Dinge aus Feuerwehrschläuchen, die Zimmerei Bippus in Neustadt am Main stellt Tische aus Altholz her, in der Maria-Ward-Schule in Aschaffenburg nähen Schülerinnen Altkleidung um und die Firma Private Wing aus Bessenbach baut Möbel aus Flugzeugteilen. Im »Upcycling-Laden in Aschaffenburg«, den der Verein Gesta (Gesellschaftliche Teilhabe für alle) betreibt, sieht man die Bandbreite der Upcycling-Produkte.

MaBe steht für Martin Beucker, auch wenn seine Frau Ute Beucker eigentlich Firmenchefin ist. Er sei aber der kreative Kopf, sagt sie, deswegen seine Initialen. Angefangen hat alles mit einem Geschenk: ein Windlicht aus einer unten aufgeschnittenen Flasche mit einem Drahtkorb für ein Teelicht. Dieses Licht funktionierte mehr schlecht als recht, und Martin Beucker kam ins Grübeln, wie es sich verbessern ließe.

Das Windlicht ging irgendwann durch einen Fußball der Kinder zu Bruch, doch die Idee blieb. Mit Experimentieren kam Beucker auf die Lösung: Ein kleines Luftloch in den Flaschen bewirkt, dass die Kerzen ruhiger und länger brennen. Diese Idee hat sich Martin Beucker patentieren lassen. Im Februar 2018 präsentierte die Familie Beucker ihre Windlichter erstmals auf der Messe Christmas World in Frankfurt, und die Resonanz war groß.

In den fünf Jahren seither hat die kleine Firma rund 115.000 Wegwerfflaschen umgewandelt. Bei Windlichtern ist es dabei nicht geblieben. Rund 450 Produkte sind im Angebot, wenn man alle Farbvarianten mitzählt: Trinkgläser, Eierbecher, Schlüsselanhänger, Vorratsdosen, Vasen, Kerzenständer, Lampenschirme, Vogeltränken oder Windspiele. Der Renner derzeit: Trinkgläser aus alten Aperol-Flaschen.

Wer will, kann sich eigene Flaschen umarbeiten lassen. Derzeit liegt etwa die Bestellung eines Kunden vor, der ein Gläserset von seinem Lieblingswhiskey möchte. Oder die einer Frau, die Gläser und Windlichter aus den Flaschen eines bestimmten Weins wünscht.

Reine Handarbeit

Die Herstellung der Produkte ist reine Handarbeit. Bis zu 18 Bearbeitungsschritte sind notwendig, damit aus einer Flasche ein Trinkglas wird. Das Zerschneiden geht dabei mit der Heiß-Kalt-Methode. Die Flasche wird ringsherum eingeritzt und dann abwechselnd erhitzt und in Eiswasser getaucht. Am Ende fällt die Flasche fast von selbst in zwei Teile. Danach wird sie zugeschliffen. Dazu werden Diamantscheiben benötigt, was laut Martin Beucker den hohen Preis der Produkte erklärt.

Wie lange er an einem Stück sitzt, kann er nicht genau sagen; das sei von Flasche zu Flasche unterschiedlich. Dickwandige Sektflaschen bräuchten länger als dünne Weinflaschen. Ein Viertel der Arbeitszeit sei aber erforderlich, nur um die Etiketten zu entfernen, denn diese gehen bei Einwegflaschen - im Gegensatz zu Mehrwegflaschen - nur sehr schwer ab, erzählt Ute Beucker

Sammelbehälter vor der Tür

Wo kommen die ganzen Flaschen her? Die meisten aus der Gastronomie, erzählen sie. Hier gibt es einige Bars und Straußwirtschaften, die sie mit Leergut beliefern. Bekannte würden ebenfalls für sie sammeln. Zudem haben sie vor ihrem Laden Behälter für Leergut stehen, in die man seine Flaschen stellen kann - bei unserem Besuch etwa etliche Flaschen finnischen Biers. Besondere Gläser, etwa aus Auflösungen von Apotheken, haben sie auch schon gekauft.

Bei ihren Produkten arbeiten sie mit lokalen Firmen zusammen. Die Kerzen stammen zum Beispiel von der Firma Wenzel in Aschaffenburg. »Die haben unser Produkt vorher regelrecht getestet«, erzählen Beuckers. Und dabei festgestellt, dass Kerzen in den Windlichtern 25 Prozent länger brennen. Die Gravuren auf einigen Flaschen werden in Aschaffenburg gemacht, und die Verpackungen kommen von der Wellpappe in Alzenau. Die Verpackungen können zurückgegeben und wiederverwendet werden, was etwa Floristen und Unverpacktläden regelmäßig machen.

Inzwischen ist die Firma ein reiner Familienbetrieb. Neben dem Ehepaar Beucker helfen die vier Kinder mit, wenn Schule und Studium es zulassen. Früher hatte man zwei Angestellte, die musste man jedoch mit Beginn der Corona-Krise entlassen.

Überhaupt wurde der Betrieb durch die wirtschaftlichen Krisen stark geschüttelt. Erst kam Corona, dann der Ukraine-Krieg. Bei Corona ging es nach einiger Zeit wieder besser, weil viele Leute es sich daheim gemütlich machten und Produkte online bestellten. Derzeit sei jedoch eine große Kauf-Zurückhaltung zu spüren.

Dennoch möchte Martin Beucker nicht mehr zu seinem früheren Job als Manager für Outdoor-Bekleidung und Berater zurück. Damals hatte er zwar ein regelmäßiges Gehalt, jetzt habe er aber dafür die große Freiheit, seine Kreativität auszuleben. Auch wenn das bedeutet, dass er teilweise bis spät in die Nacht arbeiten muss, um einen Auftrag zu erfüllen. Derzeit bastelt er bereits an seinem nächsten Projekt: Glasbausteine aus Abbruchhäusern, die er zu Tischlampen umfunktioniert.